Wir haben in diesem Artikel schon beschrieben, wie begeistert wir von dem Abend in Düsseldorf bei der Vergabe des Deutschen Nachhaltigkeitspreises waren. Aber durch die Beiträge in Spiegel und Flip (der im Vergleich zu dem aus dem Jahr 2022, damals zusammen mit der DIE ZEIT, gar nicht sooo viel Neues und nichts Skandalöses enthielt) werden wir von Freunden, Kunden und Journalisten ständig gefragt, wie wir zu diesem Thema stehen und ob wir den Artikel überhaupt schon gelesen hätten.
Gegen 14 Uhr wurde das Ergebnis der Recherche am Donnerstag der Preisverleihung veröffentlicht (wohl kein Zufall) und 30 Minuten später hatte ich es am Schirm und den Artikel auch bezahlt (es ging auch da wohl um Geld?). Deswegen wollen wir den vielen Falschinformationen, die gerade sogar bei LinkedIn über Kosten und „das haben wir nicht gewusst“ entstehen, einfach mal unsere Fakten und Erfahrungen transparent auf just den Tisch legen, den wir aus unterschiedlichen Niveau-Gründen meist höhenverstellbar anbieten.
Wie wir zum deutschen Nachhaltigkeitspreis kamen
Als der Preis im Jahr 2008 zum ersten Mal ausgelobt wurde und – aus unserer Sicht– seltsame Kandidaten gewannen, haben wir ihn erstmal als uninteressant abgeschrieben. Wir hatten 2003 schon den Nachhaltigkeitspreis der Stadt Nürnberg und 2010 den Deutschen lokalen Nachhaltigkeitspreis gewonnen, den anderen wollten wir schon allein deshalb nicht, weil die Gebühren für die Bewerbung (für uns zu) hoch waren.
In der Zwischenzeit hat sich der Bekanntheitsgrad des Preises vervielfacht, die Schirmherrschaft von Frau Merkel und anderen Mitgliedern der Bundesregierung hat den Preis in die Höhe getrieben, hihi. Als im Jahr 2022 der Deutsche Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie „Local Hero“ angeboten wurde (dessen Teilnahmegebühren von zwei Banken übernommen wurden) hielten wir das für unsere Chance. Wir wurden immerhin nominiert, aber gewannen keinen Preis.
2023 hat sich das ganze Bewerbungsverfahren vereinfacht und die Gebühr fiel weg. Dafür wurden 100 Kategorien für die Preisträger bei den Unternehmen eingeführt, da haben wir uns in die Datenbank eingetragen, die künstliche Intelligenz ergänzte außerdem das ganze Procedere zum ersten Mal. Eine KI-Auswertung der eignen Daten bekommt man aber nur, wenn man dafür bezahlt. Wieder wurden wir nominiert, aber blieben preislos.
Die Erweiterung auf die vielen Branchen wird mit der Einbeziehung aller Branchen argumentiert, denn um die Transformation schnell voranzubringen, müssen in allen Geschäftsbereichen Vorbilder gefunden werden. Hm, kann man so sehen.
2024 mussten wir die „alte“ Bewerbung nur im gleichen Portal von Score4More ergänzen und aktualisieren, was mit vertretbarem Aufwand geschah. Wir bekamen wieder die Nachricht über die Nominierung, und einige Wochen später die Erklärung, dass wir jetzt unter den drei Finalisten seien.
Sofort haben wir die Finalistengeschichte kommuniziert, weil wir einen Gewinn bei diesen Mitbewerbern für quasi ausgeschlossen hielten. Immerhin waren in unserer Kategorie echte Größen wie Cor Sitzmöbel oder auch die Zeitraum-GmbH, die ganz andere Dinge, Geschichten und Zahlen aufweisen konnten, bei den Nominierten war sogar Thonet, die vielleicht renommierteste Möbelmarke Deutschlands. Das haben wir auf unsere Homepage auch so kommuniziert, umso erstaunter waren wir, als wir erfuhren, dass wir, entgegen unserer Beteuerungen, Sieger wurden.
Wir wussten, dass Score4More mittels künstlicher Intelligenz eine Vorauswahl traf und den Rest die für unsere Kategorie unabhängige Jury erledigt. Ich vermute nach wie vor, dass diese ehrenamtlich arbeitet, aber hätte gerne noch eine Bestätigung dafür, denn 250 Menschen in der Jury ehrenamtlich arbeiten zu lassen, wenn genug Geld für deren Bezahlung da wäre, fände ich auch seltsam, aber bei Juryzusammensetzungen zählt halt immer auch die Ehre.
Puh, so langsam musste man sich also entscheiden, ob man das will oder nicht denn immerhin stehen wir dann auch in der Tradition anderer Preisträger wie zum Beispiel: Unilever, BASF, Henkel, Axel Springer (!), Bayer, Procter und Gamble, Pampers, Tschibo, Aldi Süd, ENBW und auch Ikea. Aber wir entschieden uns (gottseidank), die Chance zu nützen und vor allem den Preisverleihungsabend mitzuerleben. Denn schon alleine von den Nominierungen und vor allem vom Einzug ins Finale waren unsere Kunden total begeistert. Und diese Stimmung wollten wir verstärken und nicht abwürgen.
Der Preis des Preises
Weil viele ganz falsche Angaben im Netz rumschwirren, zählen wir hier auf, was wir für die Aktion wirklich ausgeben haben.
- Anmeldegebühr: Keine
- Eintrittskarte Preisträger herwig: kostenlos
- Eintrittskarte Ehefrau Ute: 850 € plus MwSt.
- Hoteldoppelzimmer Maritim: 203 € inkl. MwSt.
- Parkhaus: 30 Euro
- Spritkosten: rund 180 Euro (Bahnfahrt war nicht möglich, weil wir am Rückweg bei Kunden Möbel auslieferten, fotografierten und neue entwarfen)
- Dass meine Frau auf einen neuen Anzug bestand, lag daran, dass sie mich dort zugeknöpft sehen wollte, und dafür kann der Preis nichts, deswegen geben wir die Kosten der Creation Gross hier auch nicht an.
- Die Verwendung der Logos haben wir nicht lizenziert, das hätte uns 1250 Euro + MwSt. gekostet. (Bin aber noch unsicher, ob das nicht doch sinnvoll wäre)
- Die Metallkugel mussten die Preisträger nicht bezahlen (das kommt bei anderen Preisen oft vor)
Wir investierten also 1424,50 Euro in den Abend, was sicher kein Schnäppchen ist, aber uns war es das wert. Wenn man selbst ein Gefühl dafür hat, wie viel Aufwand die Organisation, Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen bedeutet und was die ganzen einfliegenden Promis nebst Reisekosten kosten, dann erscheint mir das nachvollziehbar. Aber mehr Transparenz, wie das Ganze finanziell aufgeht, wäre natürlich hilfreich.
Verdient sich hier jemand dumm und düsseldorfig, zahlt er drauf, oder ist es o.k. so?
Oder sollte man sogar noch mehr Geld erwirtschaften, um Moderatoren besser zu bezahlen und nicht runterhandeln zu müssen, wie das Janine Steeger in ihrem Post auf Linkedin angibt?
Das wäre für uns eigentlich die alles entschiede Frage, die wohl trotz der gestern erschinenen Antwortartikel der Stiftung Nachhaltigkeitspreis nicht so schnell beantwortet werden wird, befürchte ich. Denn die Presse hat auch aus unserer Erfahrung immer ein Problem, wenn es um für Redakteure nicht nachvollziehbare Summen geht. Deswegen erscheint übrigens auch kein Artikel über die Möbelmacher ohne den Hinweis auf „nicht ganz billig“, „wenn man sich´s leisten kann“ oder sogar „teuer“, ohne zu reflektieren, was wir im Vergleich zur Serienspanplatte für unsere Kunden für einen Aufwand treiben.
Gegenwert zu 1424,50€ und 36 Stunden (abzüglich 3 für Kundenbesuch in Mainz)?
Bis heute gabe es beim Bayerischen Rundfunk, die Erwähnung in den BR1-Nachrichten (!), den Beitrag auf der Homepage und 3 Minuten in der Frankenschau im dritten Programm. Die Fachzeitschrift Möbel Kultur berichtete und es entstehen gerade Artikel in den Nürnberger Nachrichten, dem Möbelmarkt, inside-wohnen, der Bayerischen Staatszeitung, der Wirtschaft in Mittelfranken. In allen Beiträgen werden wir nicht müde, unsere Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger im Laufe der nächsten 10 Jahre zu erwähnen. Wir durften grandiose Persönlichkeiten erleben, spannende neue Bekanntschaften machen und uns mit angenehmen Menschen austauschen. Es gab Show, Essen und Trinken und eine kurze Nacht in einem Hotel mit traumhaften Service. Wir können nicht meckern.
Aber das Beste von allem war war, dass Ute mit dem von ihr verehrten Matteo Thum am Frühstückstisch saß.
Wie war die Preisverleihung back- und onstage?
Ein weiterer Kritikpunkt neben den Kosten ist bei Flip und anderen Kritikern das Procedere der Preisverleihung. Nun gut, mit meinem zugeknöpftem Anzug (seitdem ich sieben Jahre alt bin, trage ich eigentlich nur Levi´s) stellte ich mich mithilfe der zugewiesenen Nummer gegen 23 Uhr auf meinen am Boden markierten Platz, von dem aus wir im Gänsemarsch auf und über die Bühne in 25 Sekunden eilten.
Immerhin wurde uns vorher noch ein Glas Sekt angeboten, um die Wartezeit zu überbrücken, das in unserer letzten und größten Gruppe anscheinend nur ich dankend annahm, ich war im Vorfeld sehr zurückhaltend.
Aber so war das Procedere auch im Vorfeld angekündigt und frau oder man konnte sich ausrechnen, dass es keine große Laudatio mit Dankesreden a´la „Ich Danke meiner Oma, meiner Mutter und dem Unterkrumbacher Feuerwehverein“ geben wird, sondern ziemlich genauso wie im Video aussieht.
Es wird maximal 30 Sekunden dauern, wie soll man sonst weit über hundert Preisträger an einem Abend durchkriegen? Immerhin hatte ich das Glück, den Preis von Generalsekretär Dr. Günther Bachmann überreicht zu bekommen, den ich schon seit 2007 schätze.
Weleda als heldenhafter Aussteiger?
Auch wenn die Begründung der Geschäftsführerin von Weleda, Tina Müller, zunächst mal ganz nachvollziehbar klang, kamen mir im Nachhinein Zweifel. Sie bemängelte fehlende Transparenz (verstehe ich), reiste aber ab, obwohl sie schon da war (wenn ich da nichts falsch verstanden habe?).
Jetzt sollte man aber auch wissen, dass Tina Müller als ehemalige Managerin von Douglas bei Weleda einstieg. Sie ist nach meinem Gefühl also viel mehr Marketinggenie, als die geborene Öko- oder Anthroposophie-Protagonistin. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das Wissen über den wesentlich größeren Weleda-Markenauftritt durch die Verweigerung des Preises ob „edler Haltung, Konsequenz oder Ehrlichkeit“ viel reizvoller war, als bei der Annahme desselben vielleicht sogar neben einem Dorfschreiner und 98 anderen am Gruppenfoto stehen zu müssen? Weledas Bekanntheitsgrad ist durch den Preis kaum zu steigern, der von uns kleinen Betrieben dagegen gewaltig. Aber das sind nur meine Gedanken, die Diskussion zwischen ihr und DNP-Chef Stefan Schulze-Hausmann auf Linkedin böte noch Platz für viele weitere Interpretationen, auch hier werden wir die Wahrheit dahinter wohl nie erfahren (sollte es in solchen Zusammenhängen überhaupt eine geben).
Zum Thema Geld zitiere ich Rudolf Steiner:
„Wenn wir nach dem Gelde streben, um es zu wohltätigen Zwecken zu haben, so ist es etwas Heilsames, etwas Gutes. Das Streben nach Geld darf nicht verworfen werden, denn es ist etwas, was uns fähig macht, den Kulturprozeß zu fördern. Streben wir nach Geld um des Geldes willen, so ist das absurd, lächerlich…“ ()
Dass Müllers Kollegin von Börlind aus der Naturkosmetik angeblich einen Preis zerreißt, den sie gar nicht bekommen hat, ist nach meinem Gefühl ebenfalls eher dem Effekt für Öffentlichkeitsarbeit geschuldet? Stefan Schulze-Hausmann auf Linkedin: „Du schreibst, Alicia Lindner von Börlind teile Deine Kritik. „Auch sie hat auf die zweifelhafte Auszeichnung verzichtet“. Börlind hatte sie gar nicht gewonnen. Frau Lindner hat das Zerreißen der Nachricht gepostet, dass die Jury Börlind als eines der besten drei Unternehmen in der Kosmetik in diesem Jahr sieht.“
(Ganz nebenbei auch heute noch interessant: Der Douglas-Slogan „Come in and find out“ ist ein klassisches Beispiel für einen englischen Werbeslogan, der von deutschen Verbrauchern missverstanden wurde. Die häufigste Fehlinterpretation lautete: „Komm rein und finde wieder raus“)
Fazit?
Die Veranstaltung ist ein logistisches, technisches und gesellschaftliches Meisterwerk, nichtsdestotrotz an vielen Stellen verbesserungswürdig. Wenn wir bei unseren Veranstaltungen Werbepartner brauchen, werden wir auch nicht müde, diese zu erwähnen aber muss es ausgerechnet Coca Cola sein? Apropos Getränke: wir wurden von Sternekoch Nelson Müller grandios bekocht, hätten die Gäste ihre Getränke nach seinen Restaurantpreisen von 18 Uhr abends bis 3 Uhr in der Früh bezahlen müssen, hätten ganz viele Gäste eine Zeche weit über dem Eintrittsgeld zusammenbekommen – ähem, das behalten wir aber unter uns, versprochen?
Wir haben in diesem Artikel schon unsere Begeisterung für diesen Abend zum Ausdruck gebracht, mehr Transparenz über die Verteilung der Gelder ( was gar nicht so einfach ist, weil solche Honorare eigentlich nie veröffentlicht werden) würden wir uns wünschen, wir wüssten auch gerne, warum wir als Preisträger ausgewählt wurden (mehr als einen Satz) und wir hoffen, dass diese Diskussion den Deutschen Nachhaltigkeitspreis zum Positiven verändern wird. Schon alleine wegen der beeindruckenden Gäste, dem Glamour und der grandiosen Stimmung zwischen den Teilnehmern würden wir wohl wiederkommen, wenn der Anzug noch passt. Wir werden den Preis für unsere Kommunikations- und Pressearbeit nutzen und damit auch die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger unterfüttern.
P.S.: Viele alte Wegbegleiter sind in den Preis involviert. Unser Vertrauen zu deren Integrität ist einer der Hintergründe für unsere Haltung.
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Die Links zum Thema:
Die Seite über den Preis auf unserer Homepage
Der Beitrag im Nachhaltigkeitsblog darüber
Artikel über den DNP-Abend im Nachhaltigkeitsblog (seit 2005)
Grandiose Zusammenfassung der Kritikpunkte von Stefan Grabmeier auf Linkedin
Alles über unsere nachhaltigen Möbel erfährt man hier.
Satire aus dem Jahr 2022 zu Preisen in der Wirtschaft: Gewinnen Sie die goldene Ratte!
Einen grandiosen Artikel über die Veranstaltung hat Patrick Siegert für haufe sustainability geschrieben.
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