Die Entdeckung
Vor meinem Möbelmacher-Pförtnerfenster mit Blick auf die Straße sehe ich viele Menschen vorbeifahren, -radeln und -laufen, gerade so die Bewegung über der Bildschirmkante. Nachbarinnen, die immer schlanker werden, Jogger, die immer schneller werden, aber auch mal Menschen, die faszinieren.
Es war am Sonntag, den 21. Juli 2024 als Zoe aus Oberkrumbach (das ist der Ort HINTER, oder ÜBER Unterkrumbach – je nachdem, wo man selbst wohnt) mit ihrer Freundin Arielle aus Indianapolis durchaus zügig vorbeispazierten und dabei so intensiv im Gespräch waren, dass man philosophisches dahinter vermuten musste. Allerdings in optimistischer Grundhaltung, denn das schöne Lachen der Schwarzen Dame sah man auf diesen wenigen Metern aus meinem Sichtfeld deutlich. Im Nachhinein behaupte ich ja, dass ihre Freundin mit den langen blonden Haaren just in diesem Moment erzählte, dass im Sittenbachtal einfach gar nichts los sei, also wirklich nichts.
Als sie schon außer Sichtweite sind, grüble ich noch über das ungewöhnliche Paar und nichtmal eine Minute später fällt mir ein, dass in unserer gesamten Firmenkommunikation seit 1988 die Vielfalt der Menschen zu selten fotografisch festgehalten ist. Meine Verschlafenheit grämte mich, aber ich weiß, dass ich als Strohwitwer den ganzen Sonntag noch an diesem Arbeitsplatz sitzen werde und so hoffte ich auf deren Rückkehr. Ich hatte dieselbe schon aufgegeben, aber knapp drei Stunden später spazierten sie immernoch heftig gestikulierend in die entgegengesetzte Richtung.
Die Begegnung
Jetzt aber flott! Wie mag das Wirken, wenn jemand aus dem Möbelmachereingang auf zwei Damen zueilt, sie aber ob ihrer Gehgeschwindigkeit nur noch von hinten ansprechen kann? Ich kann mich an mein englisches Kauderwelch nicht mehr erinnern, aber das größte Glück war, dass Zoe Englisch studiert und mein broken English zwischen Leistungskurs und Liedtexten von Bob Dylan immer simultan für ihre Freundin erläutern konnte. So kam es, dass sich die beiden interessiert auf eine Führung durch Werkstatt begaben, die Oberkrumbacherin ist ja schon viele hundert Male vorbeigefahren, ohne zu wissen, was sich in dieser Halle befindet. Wenige Wochen vorher wurde dieselbe von der Fachzeitschrift DDS zur schönsten Werkstatt Deutschlands ausgezeichnet und Arielle war an handwerklichen Details sehr interessiert.
Das Kennenlernen
Wie immer endet jede Führung in der Küche, und weil meine Frau Ute in Paris war und die beiden Damen nichts anderes vorhatten, hat sich aus dem Aperitif mit Kartoffelchips von Tepan Yaki ein ganzes Abendessen ergeben. Und interessante Gespräche mit vor wenigen Minuten noch völlig unbekannten Menschen einer anderen Generation und aus anderen Regionen. Noch immer denke ich an diesen ebenso spontanen, wie spannenden Abend mit Freude zurück. Und wir vereinbarten das nächste Treffen am Montag gegen 10 Uhr, gerne in den gleich Klamotten. herwig zu Arielle: „Irgendwie erinnert mich Dein Name an Walt Disney?“ Arielle: „Kein Zufall, meine Mutter fragte meine Schwester, wie ich heißen soll.“
Einschub: Arielles Reisegrund
Arielle hat Zoe erst im Juli 2024 bei einem Konzert in London kennengelernt, das sie mit dem Genre-Namen „K-Pop“ (Korea-Pop lernte ich) beschrieb. Praktischerweise konnten wir diese Musik dann auch via Tidal gleich laufen lassen (sowas wie spotifiy nur mit qualitativ besseren Übertragungsraten). Abgesehen von unterschiedlicher Haar- und Hautfarbe entdeckten sie so viele Gemeinsamkeiten, dass sie in Kontakt blieben und jetzt musste die Studentin aus Los Angeles nach Edinburgh zum Fringe-Festival.
Dort kämpft sie als Bühnenmanagerin eines Theaterstücks mit denselben Problemen, wie wir mit unserer Küche in Miami: Zentimeter statt Inch, 230 Volt statt 110 und viele andere Dinge muss die junge Frau in den Griff bekommen, aber sie schafft das, sie ist auch Handwerkerin. Deshalb war sie auch sofort von unseren Nesmuk-Messern begeistert. Auf jeden Fall besuchte sie ihre Freundin Zoe in Oberkrumbach zu Beginn ihrer Europareise und verbrachte einige Tage im Sittenbachtal und einige ganz Deutschland, bevor sie nach Schottland weiterreiste. Hier sind ein paar Impressionen ihrer Erlebnisse dort:
Der Fototermin am Montag mit der Kirschbaumküche
Die zwei jungen Damen bestanden trotz meiner Proteste darauf, am Sonntagabend nach Oberkrumbach heimzulaufen und auch am Montagfrüh um 10 kamen sie wieder zu Fuß an. Ich wollte vor allem die neue Kirschbaumküche beim gemeinsamen Kochen festhalten und auch viele Besonderheiten unsere Küchen sympathisch präsentieren. Zum Beispiel den neuen Dunstabzug von EMB:
Unsere unteren Schubladen kann man alle mit dem Fuß öffnen. Was wir 1997 zunächst beim Müllsammler unter der Spüle einführten, machen wir in der Zwichenzeit auch bei Schlaf- und Wohnzimmermöbeln, weil es einfach so bequem ist. Leider haben das manche Kunden bei szur Montage schon wieder vergessen, deswegennochmal der Hinweis: langen sie in der Mitte der Schublade doch mal hinter die Schubblende. Wenn Sie dort eine Einfräsung spüren, dann können Sie sie auch mit dem Fuß öffenen.
Zoe zeigt außerdem die raffinierten Schubladeneinteilungen und die Bügel im Backofenhochschrank, an die man Tabletts, Backbleche, Schneidbretter oder was auch immer anlehnen kann.
Zusätzlich haben wir noch Edelstahlbehälter, die Mehl und Zucker und mehr aufnehmen können und mit denen man die 60 cm Schranktiefe perfekt ausnutzen kann. Und dann mussten natürlich noch die Wurmlöcher der Kirschbaumküche thematisiert werden, an denen sich die Gesiter scheiden. Einige finden es toll, andere total doof, aber das macht ja nix. Jede Kunden kann selbst entscheiden, ob sie so etwas haben möchte, oder nicht.
Die höhenverstellbare Küche
Für die höhenverstellbare Küche in unserer Ausstellung planten wir eine Foomontage mit Zoe links und Arielle rechts, weil wir im Jahrbuch die Küche mit neuen Fotos und der mit ihr verbundenen Nominierung zum Innovationspreis Bayern zeigen wollten. Für die Höhenverstellung gibt es zwei unterschiedliche Bedienfelder an der Spülenzeile (kreisrund mit Sensor) und der Kochinsel (mechanische Schalter), für deren Darstellung Arielle extra ihre blauen Fingernägel nochmal nachlackierte.
Der Oberschrank ist in unseren Kühen eher ungewöhnlich, weil wir normalerweise mit zwei Türen übereinander arbeiten, die sich falten und Hochschwenken. Das ist bei der höhenverstellbaren Küche aber nicht geschickt, weil sie für besonders große Personen so weit hochfahren kann, dass die Nische zur Arbeitsplatte zu klein würde. Also wählten wir den Hochschwenkbeschlag mit nur einer Tür, bei deren Öffnung große Menschen aber ein wenig auf ihren Kopf aufpassen müssen – aber das lernt man „by doing“.
Führung im regionalen Musterhaus
Am Ende der Fotosession schlug ich noch eine Führung durchs regionale Musterhaus vor, Leopolds (früher Lauras) Kaufladen war dabei irgendwie das interessanteste. Aber in unserer Küche entdeckte Arielle einen Kunstdruck von Cezanne mit der Montagne Sainte- Victoire in der Provence (das ist Ute Danzers zweite Heimat), der aus dem Museum of Art in Indianapolis stammt, was auch groß draufsteht. Und das ist just die Stadt, in der Arielle um die Jahrtausendwende geboren wurde.
Die Kochsession mit paniertem und gebratenem Eigelb und Saibling
Nach zweieinhalb Stunden Fotografieren und der Führung hatten wir natürlich Hunger und als Aperitif gab es dazu das Fladenbrot, das Zoe für die ersten Fotos am Tepan Yaki schon zubereitete, mit einem mit Panko panierten und am Tepan gebratenen Eigelb. Darüber wurde noch Bottarga di Tonno gerieben, das ist der getrocknete Rogen des Thunfisches. Dazu legt man die Eigelbe vorsichtig in Semmelbrösel bzw. Panko und friert sie danach im Schockfroster oder der Gefriertruhe ein. Dann gefroren auf den Tepan legen, viel Butter und Gefühl einsetzen und unbeschadet auf den Teller bringen. Es war schon köstlich.
Aber danach legte Arielle los. Sie wollten alle Nesmuk-Messer testen (vor allem das japanische Hackmesser hat´s ihr angetan), den Saibling filetieren, den Fisch panieren und braten und dann haben wir das ganze auch noch gemeinsam gegessen. Werde mich nicht zuletzt wegen fast tausend Fotos und noch ungesichtetem Filmmaterial noch lange an diese schöne Begegnung erinnern.
Und natürlich gab es über dies Begegnung auch einen schönen Artikel in den Nürnberger Nachrichten.
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