Eine sehr interesssante Artikelserie veröffentlicht die Hersbrucker Zeitung seit einiger Zeit: unter "made in heimat" werden heimische Betriebe vorgestellt, die auch außerhalb Hersbrucks einen gewissen Bekanntheitsgrad genießen. Um so mehr freuten wir uns, als Andrea Pitsch uns wegen eines solchen Artikels besuchte und unsere Arbeit mit Bild und Text im selben hervorragend beschrieb:
"Ihr Name ist weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt, ihre Produkte stehen in Häusern, Firmen, Regalen und Schränken in vieler Herren Länder, doch ihre Heimat haben sie nicht vergessen: Sie sind Global oder zumindest German Player und haben ihre Wurzeln hier, die Firmen, die wir in loser Folge vorstellen:
Wohnen in der Heimat
„Möbelmacher“ arbeiten mit Holz aus der Region
UNTERKRUMBACH – Sie werben
mit dem Slogan „Alles Gute zum
Einrichten“ wie ein normales Möbelhaus,
doch davon sind die „Möbelmacher“
weit entfernt – und das
nicht nur, weil ihre Zentrale im beschaulichen
Sittenbachtal liegt, gefühlt
fast am Ende der Welt. Hier
entstehen die komplette Einrichtung
des Traumhauses, die individuelle
Küche oder nur der Wunsch-Tisch,
und zwar aus dem Baum von nebenan.
Hier wird aus dem Wald der Region
Heimat zum Wohlfühlen gemacht.
„Wir wollten uns nur mal umschauen,
haben aber nichts gefunden.“
Das hört Herwig Danzer, einer
der beiden Geschäftsführer und
Gründer der Möbelmacher, ab und
an, wenn die Leute aus der kleinen
Ausstellung über Büro und Schreinerei
kommen. „Dabei zeigen wir
dort nur Beispiele“, erklärt Danzer,
„verkaufen wollen wir dem Kunden
nicht genau das, was dort steht, sondern
die passende Einzellösung für
ihn“. Genau diese Dienstleistung der
gemeinsamen Möbel-Entwicklung
ist aber vielen unbekannt.
„Fast niemand kommt mit einem
Plan, wie zum Beispiel die Küche
aussehen soll, sondern nur mit dem
Wunsch nach einer Kochgelegenheit“,
erzählt er, „dabei ist selbst ein
Tisch bei uns eine Einzelanfertigung,
er entsteht erst durch den gemeinsam
entwickelten Entwurf“.
Und das ist der zweite Baustein des
Möbelmacher-Konzepts: Stuhl,
Schrank und Co. werden in der eigenen
Schreinerei aus Holz der Region
individuell gefertigt.
Angefangen haben Danzer und
Gunther Münzenberg 1988 in Hersbruck
als (ökologische) Massivholzschreinerei.
Seit dem Neubau 1997
in Unterkrumbach fertigen sie ihre
Stücke mindestens zu 95 Prozent aus
Holz der Region – meist sind es gar
hundert Prozent. Und dort, im Wald,
liegt Qualität: Immer wieder gehen
Münzenberg, örtliche Förster und
Michael Müller von der Forstbetriebsgemeinschaft
in die benachbarten
Laubholzzonen, um die
Baumstämme auszuwählen.
Während die Kunden, die gerade
beim Küchenkauf aus ganz Deutschland
kommen, noch gar nicht wissen,
dass sie ein neues Möbel brauchen
oder wollen, werden die Stämme von
15 Möbelmachern und Partnerfirmen
abgeholzt, entrindet und in
Bretter gesägt. Danach stapeln sich
im Außenlager für lange Zeit rund
300 Kubikmeter Holz: „Das reicht
für drei bis fünf Jahre“. Danach
wandert der Rohstoff in die Trockenkammer.
Für Buchenbretter kann es auch
noch wärmer werden: „Wir verwenden
die Thermobuche“, erläutert
Danzer, „da wandert unsere regionale
Buche drei Tage bei 180 Grad in
den Ofen und wird so richtig dunkel
wie Nussbaum“. Der Vorteil des Hitzeschocks:
Das Holz bleibt – anders
als beim Beizen – dunkel, auch
wenn Danzer Eddinggekritzel mit Öl
und Schleifschwämmchen mehrmals
entfernt. Diesen „Trick“ zeigt der
Möbelmacher bei Beratungsgesprächen
und auf Messen gerne: „Frauen
finden Holz meist toll, die Jungs
kontern immer, dass man das nicht
gut sauber machen kann.“ Dabei
geht der schwarze Stift dank der
aufwendig mit Naturharzöl behandelten
Oberfläche weg wie nichts.
Und das bleibt in Erinnerung. „Sie
sind doch der, der mit Edding auf
der Küche rumgemalt hat?“, hört er
öfter.
Kommt der Edding zum Einsatz,
sind Danzer oder Mathias Deinhard
schon mitten drin im Beratungsgespräch.
Grundriss und Fotos vom Raum bilden den
Start, dann wird „rumgemalt“, es werden ihre
und seine Ideen zusammengebracht
(„Da gab’s schon dramatische Szenen!“),
bis sich auf einem weißen
Blatt Papier erste Schränke, Griffe
und Designs abzeichnen. „Das ist
der wichtigste Teil unserer Arbeit“,
betont Danzer.
Und was, wenn der Kunde
konkrete Vorstellungen hat, so wie
eine junge Frau, die einen Tisch mit
Ansteckplatte wollte, ohne dass man
die Verlängerungsoption dem Möbel
im Normalzustand ansieht? Dann erfinden
die Möbelmacher einen neuen
Beschlag oder schlagen das vor, wozu
sie am Markt, auf Messen oder in
Fachzeitschriften inspiriert wurden,
zum Beispiel Einlegearbeiten aus
Glas, Leder, Blech oder Rindentuch.
Beraten wird bei ihnen nicht im
Büro, sondern – gerade wenn es um
die Kochstelle geht – in der Ausstellungsküche.
Dort wird gesessen,
geplaudert, geplant und gekocht.
„Der Raum hat auch eine soziale
Funktion und das kann man nicht
erklären, das muss der Kunde spüren.“
Außerdem lässt sich so auch
gleich demonstrieren, dass diese Möbel
der Holzexperten das sind, als
das sie gebaut werden – ein funktionales
Instrument zum Kochen.
Kein Wunder, dass das die Grundidee
hinter den Kochshows ist, für
die die Unterkrumbacher mittlerweile
bei Messen gebucht werden.
„Mit den Shows zeigen wir, dass
wir mit unseren Möbeln und Küchengeräten
umgehen können“,
meint Danzer. Und zugleich sehen
die Leute, dass die Massivholzküchen
das Bruzzeln zur Schau sowie
diverse Auf- und Abbauten „locker
aushalten“. Darin versteckt
sich ein weiteres Schlagwort der
Möbelmacher: Nachhaltigkeit. Massivholz-
Anfertigungen leben länger,
sind unempfindlicher und wandlungsfähig
bei Umzügen.
Ist aus den ersten Zeichnungen ein
fertiger Plan geworden, wandert der
vom Schreibtisch in die Schreinerei.
Dort wissen die Mitarbeiter, wie der
Kunde sich die Oberfläche vorstellt,
ob ruhig gemasert, lebhaft, mit oder
ohne Astloch, mit Kern in der Mitte.
„Da lassen sich echte Bilder komponieren“,
schwärmt der Chef, wenn
seine Mitarbeiter die Bretter zu entsprechenden
Stücken schneiden.
Fräsen, Verleimen, Schleifen und
Ölen machen das Möbelstück letztlich
perfekt.
Auch wenn die Küchen einen großen
Anteil am Umsatz ausmachen,
die Unterkrumbacher richten auf
Wunsch zusammen mit ihren Lieferanten
komplett ein. Passende Fußböden,
Teppiche, Vorhänge, Beleuchtung,
Polstermöbel und mehr
bieten sie an. „Diesen Rundumservice
kennen die meisten aber nicht“,
hat Danzer als Erfahrung gemacht.
Ebenso ungewöhnlich dürften es
viele finden, dass die Möbelmacher
seit 2005 bloggen und einen dicken
Kalender als Jahrbuch haben, der an
über 5000 Kunden kostenlos verschickt
wird. Viele Fotos zeigen, was
die Schreiner im vergangenen Jahr
alles haben entstehen lassen. „Es
gibt sogar welche, die sich bei uns
einrichten mit der heimlichen Hoffnung,
auf den Titel zu kommen“,
schmunzelt Danzer.
Er will gerne mehr erzählen, als
„Wir haben tolle Küchen“. Daher
holten er und Münzenberg im Lauf
der Zeit zum „regionalen Rundumschlag“
aus. Wenn in der Küche
schon Holz der Region verbaut wird,
sollten in ihr auch Franken kochen
und „Heimat aufm Teller“ kommen
– Heimat pur eben."
ANDREA PITSCH
Zahlen und Fakten
Name: Möbelmacher GmbH
gegründet: 1988 durch Gunther
Münzenberg und Herwig Danzer
Mitarbeiterzahl: 15
Auszeichnungen (u.a.): 1998 Bay.
Heimatpreis für ökol. Gewerbebau;
2003 Nachhaltigkeitspreis der Stadt
Nürnberg, Umweltbotschafter Bayerns;
2005 Handwerkspreis; 2007
Thalhoferpreis für innovatives Management;
2012 Dt. lokaler Nachhaltigkeitspreis
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