(Anm. d. Redaktion Das "Weltrestaurant" war die Geburtstagsfeier des Initiativkreises, alle anderen Infos zur Veranstaltung "Der kurze Holz-Weg" hier.)
Eine originelle Idee, seinen Geburtstag zu feiern: man serviert ein hervorragendes Menu aus regionalen Produkten, setzt die Gäste an Tische, und lässt sie in den Pausen zwischen den Gängen diskutieren – das alles in einer der anregendsten Mehrzweckhallen, die zu 99,9 % der Herstellung hochwertiger Möbel dient, in Wirklichkeit also kein Forum, sondern eine Fertigungshalle ist.
Ein versierter Moderator vom Bayerischen Fernsehen, Roland Zimmermann, mit der Aufgabe, den Ideenbus in Fahrt zu bringen und für rechtzeitige Stops zu sorgen. Ja und dann die Gäste, alle handverlesen, natürlich in irgendeiner Weise Holzvertreter, aus Verbänden, Firmen, der Politik, Verbraucher und Nutzer. Einige individuelle Holzliebhaber zur Auflockerung.
Man könnte rasch zur Tagesordnung übergehen und sagen, hier treffen sich halt auch bloß wieder Leute, die ihr Produkt besser vermarkten wollen, ein gut organisierter Marketing-Event also. Das war allerdings ein Vor-Urteil, das nach drei Stunden entspannt-nachdenklicher oder auch engagiert-heftiger Diskussionen verpufft ist.
Das Nach-Urteil als Summe aller Informationen und Eindrücke ist mehrschichtig. So gibt es eine „Innensicht“ der Region. Der erste, ein kultureller Aspekt: dieser Initiativkreis ist das erste nachhal-tige Beispiel dafür, dass man gemeinsam etwas bewirken kann, etwa einen Damm bauen gegen den sich breit voranwälzenden Einheitsbrei der globalen Güter-(sünd-)flut. Die Chance, dass wir auch in Zukunft in einer Region leben können, deren Bedeutung und Lebensqualität sich durch Eigenwerte bestimmt, wird dieses Modell mit Sicherheit erhöhen. Erforderlich ist eine breite Erkenntnis, dass Produkte aus der Region mehr sind als eben nur (Wegwerf-)Produkte. Und dass regionale Wirtschaftskreisläufe nicht Sparmodelle sind, sondern Schutzmodelle, hinter denen sich auf gesunde Weise heimische Traditionen weiterentwickeln und damit erhalten lassen. Wie stille Partner waren die Bürger der Region in den Diskussionen ständig präsent. Ihre Neugier muss geweckt werden, sie müssen Verständnis entwickeln und Unterstützung bieten, auf allen Ebenen.
Der zweite, ein wirtschaftlicher Aspekt: Möbel und Holzhäuser aus der Region sind im Angebot. Nicht nur bei Neubauten sondern auch bei der Renovierung von Heizungsanlagen lässt sich Holz (Pellets) als Brennstoff verwenden. Das gibt der heimischen Holzwirtschaft eine Zukunft. Man kann natürlich das Holz auch aus Sibirien herankarren. Den Standort pflegen, seine Stärken gemeinsam ausbauen, darin liegen handfeste wirtschaftliche Vorteile, das war die vorherrschende Meinung. Arbeitsplätze sind allein deshalb vertrauenswürdiger, weil sie nicht von Entscheidungen ferner Konzernzentralen abhängen.
Der dritte, ein „innen“-politischer Aspekt: Damit sind die Kommunalpolitik und ihre Verantwortung gemeint. Sehr deutlich kamen die Forderungen nach einem Paradigmenwechsel in der kommunalen Energiepolitik. Nicht den Großen und ihren Versprechungen hinterherlaufen, oder die städtische Wärmeversorgung den unbeweglichen, häufig eigene Interessen verfolgenden Stadtwerken über-lassen. Die Bedarfslage neu definieren, ohne sich ständig von vermeintlichen Sachzwängen gängeln zu lassen. Mut zu neuen Strukturen. Zum Beispiel holzbefeuerte Blockheizkraftwerke fordern. Kommunalpolitik zur Einflussnahme drängen. Aufbruchsstimmung war zu spüren
Der vierte, ein ökologischer Aspekt: Es war klar, dass die Teilnehmer an dieser Veranstaltung nicht zu den Dinosauriern unter unseren Zeitgenossen gehören, die Ökologie als kostentreibenden Luxus an-sehen, wie jene Kollegen aus dem Erdmittelalter, die vor rund 100 Millionen Jahren durch unmäßigen Konsum immer größer werden wollten – und dann ausstarben. Unsere Wald- und Forstwirtschaft hat großen Anteil an der Arterhaltung, an der Erhaltung der Erholungsräume, an der Erhaltung der Trinkwasserreserven und des Mikroklimas. Holz von der Frankenalb vermindert das Verkehrsauf-kommen – siehe Sibirien und schont auch damit die Umwelt. Mancher Diskussionsbeitrag brachte die verlorengegangene Verbindung zur Umwelt vieler Menschen zum Ausdruck. Es bedarf einer geschick-ten Werbung für die Natur und für die Einsicht, dass sie unsere Lebensgrundlage ist und bleibt, ent-gegen aller himmlischer Versprechen der Finanzmärkte. Die Rendite, die unsere Umwelt im übertra-genen Sinn abzuwerfen in der Lage ist, setzt für uns die Grenzen, so ein Nachdenklicher. Er kann nicht ganz falsch liegen.
Und dann gab es noch eine Außensicht. Die Region ist keine Insel der Seligen, sondern ein im Wesentlichen kleinstrukturierter Wirtschaftsstandort der dem harten Wettbewerb mit allen anderen Standorten ausgesetzt ist. Das gilt genau so für den touristischen Bereich. Wer allerdings auf einigen Gebieten erfolgreich ist und sich einen Namen gemacht hat, wird interessanter und von außen eher wahrgenommen. Hier springt die Metropolregion in die Bresche, und stärkt mit ihren Mitteln die Außenwirkung, den geografischen Bezug von Produkten und Herstellern. Die Hilfe reicht von der Netzwerkbildung bis zum Logo, das immer und überall auf das aufmerksam macht, was die Region zu bieten hat.
Resümee: eine sorgfältig vorbereitete, sehr sinnvolle, weil zeitgemäße Veranstaltung, die ähnliche Foren nach sich ziehen sollte. Und vor allem die Unterstützung der Presse braucht. Es müssen die Bürger erreicht werden.
Anselm Stieber
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Alle Nachrichten über die Veranstaltung "Der kurze Holz-Weg"
Das Resumee aus der Sicht der Metropolregion
Pressespiegel auf der Homepage
Experiment Weltrestaurant geglückt
Der kurze Holzweg, Samstag und Sonntag
Bleibt nur eins: Selber Presse machen. 😉
Oder solche Internetseiten wie diese in das bewustsein der Leute vor Ort bringen.
Lieber Stephan,
vielleicht ist das ja einer der Beweggründe für das Bloggen an sich? Das eigene Blog hat zwar weniger Leser, aber dafür die Texte, mit denen man sich identifizieren kann.