von Alice Niklaus
Im Forsthaus war also das Dach undicht, der Regen tropfte ausgerechnet auf unsere Schlafsäcke. Nach dem Umzug schliefen wir weiter, bis Kaffeeduft aus dem Untergeschoss aufstieg. Weil der Himmel keine Wetteränderung vorgenommen hatte,blieb uns viel Zeit. Waldemar beschäftigte sich erfolgreich mit seinem Fotoapparat. Ein neuer Film und die Schlafsackwärme brachten die Wende zum Guten.Die Welt war wieder in Ordnung. Ich war neugierig auf die anderen Anwesenden und erfuhr, dass sie alle mehr oder weniger EinzelgängerInnen waren. Das hatte ich erwartet; tagelange Stille in einer einsamen wilden Gegend als Ferieninhalt zu planen kommt bestimmt nicht oft vor. Ein Uhr vorbei, das déjeuner sur l’herbe fand nicht statt, die Lamas wurden ungeduldig, und Chucho blieb hart. Die Wandergruppe war längst über alle Berge und wohl auch entsprechend nass, die deutsche Alleingeherin war auch verschwunden. Endlich hatte der Flüsterer gefühlsmässig die Überzeugung gewonnen, dass die nasse Flut bald aufhören würde. Unser Start um 16 Uhr war fulminant! Wir hatten noch 5 Stunden vor uns, aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Eine halbe Stunde noch, und dann war der Regen tatsächlich vorbei. Chucho hat einen sechsten Sinn. Den Übergang in das mediterane Klima erlebten wir befreiend, der Druck auf den Seelenzustand wich als der klimatische Druck stieg und sich der Nebel auflöste.
Welch ein wunderschöner Abend in dieser wilden Bergwelt. Der sehr steile Abstieg ins Tal des Flusses Héric war schwierig, die Steine waren rutschig, weil nass. Die Lamas allerdings hüpften leichtfüssig darüber. Um sie brauchten wir uns keine Sorgen zu machen. In dieser abgelegenen Ecke liegt das Dorf Héric tief unten am Flüsschen mit dem gleichen Namen. Hier haben wir einige Francs für Ansichtskarten ausgeben können! Nirgendwo sonst brauchten wir Geld. Ausserdem gab es auch keine Gelegenheit dazu. Keine Dörfer, keine Wirtshäuser, keine Läden, kaum Menschen.
Am Ende des letzten Aufstiegs auf der anderen Seite des Bachs durch Kastanienwälder zum col de la mûre (Brombeerpass) liegt das Dorf Douch. Wenige Steinhäuser, ein Kirchlein mit einem intakten Glöcklein, einem filigranen Kreuz und Blümchen auf dem Dach, Gemüsegärten. Und ein Koch, der uns vor dem Verhungern rettete. Voressen: Leberwurst und Gürkchen, Hauptspeise: Teigwaren mit Fleisch, zum Anbschluss Käse, der in Frankreich immer dabei ist – sogar bei Wandertouren. Das Dessert Schokoladekuchen mit Pfefferminzcrème war ein Gedicht.
In diesem Steinhaus waren wir für zwei Nächte untergebracht, wohlverstanden im "Parterre". Oben wohnten die Angestellten des Naturschutzreservats. – Chucho spannte blitzschnell eine Aufhängung für die feuchten Kleider. Der Inhalt meines Rucksacks ist trocken geblieben, ich habs doch gewusst.
Nach dem Essen sassen wir bei einer tisane (la tisane = Kräutertee), zu der Chucho kräuterpädagogisch die richtige Zusammensetzung auf der nahen Wiese fand, noch lange beisammen.
Fortsetzung folgt
Liebe Frau Niklaus, Ihr Reisebericht ist so lebendig und anregend geschrieben, am liebsten möchte man aufbrechen und hinfahren. Er hat uns auch dazu gebracht, unsere Alben hervorzuholen und nachzulesen, wo wir in dieser Zeit überall waren im Gebiet der Cevennen. Wir waren in den Jahren 1983, 1984 und 1987 dort unterwegs mit Auto und Zelt, haben aber viel Zeit im Gebiet des Tarn und der Jonte und auf den Causses verbracht. Was für eine schöne, bizarre und aufregende Gegend. Wir sind auch viel gewandert nach den französischen Wanderführern Guide Michelin auf Wegen, auf denen man kaum jemanden angetroffen hat.. Herzliche Grüße, Gerda und Rolf Münzenberg
Lamas bei Sendelbach
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Wandern mit sanften Lamas – Fortsetzung 2
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Wandern mit sanften Lamas – Fortsetzung 5
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