von Nina Schoproni
Am 29.10.07 lief im Deutschlandfunk ein Beitrag zum Thema "Slow City Hersbruck".
Kerstin Ewald und ihre Kollegin Diana Engel besuchten bei ihrer Tour rund um die Cittá Slow, neben dem Café Bauer, auch uns Möbelmacher und interviewte dabei auch herwig Danzer (und die Kühe auf dem zweiten Bild)
Hier können Sie das Manuskript zur Sendung lesen:
Slow City Hersbruck
Lebensmittel und Holz aus der Region
von Kerstin Ewald
Hersbruck
ist eine Kleinstadt in Mittelfranken und die erste in Deutschland, die
2001 das Prädikat
"Slow City" bekam. Angelehnt ist das Wort an die
italienische "Slow Food"- Bewegung, die sich gegen Fast Food und für
eine nachhaltige Landwirtschaft einsetzt. Mit dem Prädikat "Slow City"
hat die Vereinigung 1999 ihre Idee nun auf Städte übertragen, die damit
auch hoffen, Touristen anzuziehen.
Haben Sie etwas vergessen? Was wollen Sie denn, ein Pfund oder ein Kilo?
Darf ich es reintun?
Ja.
1.20!
Mei, denk ich grad noch dra!
Glück! Dass ich grad noch da bin, ich hab fei schon zampacken wollen! Gell! –
Brigitte
Wolf steht inmitten von Kohlrabi, Wirsing und Sellerie, zwischen Kisten
von Äpfeln und Pflaumen. Fast alles hat sie auf ihrem eigenen Acker
angebaut und geerntet. Mittwoch und Freitag steht sie immer auf dem
idyllischen Marktplatz von Hersbruck, der ersten Stadt in Deutschland,
die zur "Slow City" ernannt wurde.
Italienische Bürgermeister
haben dieses Netzwerk ins Leben gerufen, sie waren es auch, die
Hersbruck 2001 feierlich in die mittlerweile internationale
"Vereinigung der lebenswerten Städte" aufnahmen. Qualität aus direkter
Vermarktung wie am Stand von Brigitte Wolf ist ein Bestandteil des
Konzeptes: Hersbrucker Wirte haben sich verpflichtet, täglich Speisen
aus heimischen Zutaten anzubieten, gefüllte Gurke etwa, "Nierle sauer"
oder fränkische Karpfenspezialitäten. "Heimat auf dem Teller" heißt die
Kampagne. Mit Kochkursen für "Miniköche" sollen schon Kinder für die
regionale Küche begeistert werden.
Mit Langsamkeit oder gar
Stillstehen hat das "Slow City"-Programm für die Aktiven in der
Bewegung wenig zu tun. Ottmar Fischer ist einer von ihnen und mit der
Streuobstinitiative im Hersbrucker Landschaftsschutz aktiv:
Diese
Lebensart, die hier propagiert wird, "Cittá Slow", das ist mein
Lebensgefühl. Für mich bedeutet ja "Slow City" ja nicht,
Engstirnigkeit, oder dass man sich zurückzieht, sondern, dass man
tolerant und aufgeschlossen ist. Bewusstes Leben verstehe ich darunter.
Und die Schönheiten, das Wertvolle in der eigenen Umgebung und die
Hintergründe auch kennen und wie man das beeinflussen kann.
Ihre
Wurzeln hat die Idee der "Slow City" in der italienischen "Slow
Food"-Bewegung: Leckeres Essen mit Zutaten aus der eigenen Region,
bewusst genießen mit allen Sinnen statt Hektik und Hinunterschlingen
dessen, was transnationale Multis servieren. Die "Slow City"-Bewegung
baute den Gedanken aus zu einer Entwicklungsphilosophie für
Kleinstädte, die landschaftlich reizvoll und auch für Touristen
attraktiv sind. Das ist Hersbruck ohne Zweifel:
Hier
diese Umgebung von Hersbruck ist eben von den Obstwiesen mitgeprägt.
Und wir wollen den Leuten vermitteln, wie wertvoll das ist, den Erhalt
dieser Wiesen. Und dann geht es uns auch um die Obstsorten, die alten
Sorten wie graue Herbstrenette, Himbeerapfel, Weißes Seidenhemdchen,
damit die nicht verschwinden. Und um das Lebensgefühl, dass eine
Obstwiese zur Erholung sehr wichtig ist.
Herwig Danzer
von der Schreinerei "Möbelmacher" versucht unermüdlich, Einheimischen
und Gästen die Vorzüge von "Slow City" nahe zu bringen. Er ist auch
Mitbegründer des "Initiativkreises Holz aus der Frankenalb". Diese hat
sich zum Ziel gesetzt, den regionalen Wirtschaftskreislauf in der
Holzwirtschaft anzukurbeln:
Anfangen
tut es bei den Waldbauern. Dann kommen natürlich die Transporteure,
dann der Entrinder, der die mobile Säge bringt und dann wird es
zunächst bei uns gelagert, das Holz. Nach dem Lagern und der
Trockenkammer wird es bei uns verarbeitet. Wenn dann dieses Möbel dann
so alt ist, dass es wiederum tatsächlich in den Ofen kommt, dann war es
auch in diesem Zusammenhang eine sehr sinnvolle Aktion.
Dabei
müssen auch in der Holzwirtschaft Naturschutz und rentables
Wirtschaften keine Gegensätze bilden. Der Initiativkreis Holz hat auch
durchsetzen können, dass das Hersbrucker Thermalbad ökologisch beheizt
wird: Mit Hackschnitzeln aus Dünnhölzern heimischer Wälder. Holz dieser
Kategorie verrottete früher am Waldboden, heute können die regionalen
Waldbauern selbst dafür noch gutes Geld bekommen. Doch nicht alle sind
zufrieden mit der Umsetzung der "Slow City"-Idee in Hersbruck. So sieht
Heide Frobel vom Bund Naturschutz Verbesserungsbedarf zur weiteren
Öffnung Konzeptes für die Arbeit von Basisgruppen:
Die
Stadt selbst könnte in meinen Augen einfach mal die Leute zusammenholen
und fragen, seid ihr bereit da mitzuziehen, wollt ihr das mitfördern
das Konzept. Welchen Beitrag können wir leisten, was können wir
zusammen machen, also das wäre nicht verkehrt.
Viele
Hersbrucker Bürger und Bürgerinnen sind von Hersbrucks neuem Beinamen
allerdings wenig beeindruckt. Vor allem Teenagern scheint der "Slow
City"-Gedanke schwer zugänglich:
Davon habe ich leider gar nichts mitbekommen, ich weiß auch ehrlich gesagt gar net, was "Slow City" ist.
Dass
das, was Großstädte vielleicht haben, McDonalds oder große
Autowaschstraßen, dass wir das nicht so haben. Wenn wir McDonalds und
so etwas hätten, dann müsste ich nicht immer nach Nürnberg reinfahren.
Der
Begriff "Slow City" schreit nach Eigenwerbung irgendwo, um Touristen
anzulocken, um das Bild von Hersbruck so festzuhalten als idyllische
Kleinstadt. Der Begriff spricht eher Ältere an, Personen, die da Urlaub
machen wollen.
Was die Begeisterung der Jugendlichen
angeht, könnte sich Hersbruck ja eventuell Rat bei anderen "Slow
Cities" holen. In der niederländischen Stadt Gouda vielleicht oder dem
Ort Katoomba in den australischen Blue Mountains. Immerhin gibt es
weltweit schon an die 80 "Slow Cities".
Hier können Sie sich den Beitrag anhören: hersbruck.mp3 herunterladen
Der Beitrag direkt beim Deutschlandfunk unter http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/687705/
Deutschlandfunk über Slow City
Die aufmerksamen und engagierten Redakteurinnen kamen zu zweit: Kerstin Ewald und Diana Engel, die eine für den Deutschlandfunk, die andere Deutschlandfunk Kultur. Wir absolvierten gemeinsam den üblichen Interviewmarathon. Zwischen Gastronomen, Direktv…