Artikel im Pegnitztal
Christian Schüle meldete sich telefonisch bei der Hersbrucker Tourist Info Chefin Petra Hofmann für zwei Tage an. Schüle ist Redakteur des Zeit Dossiers, schreibt Titelgeschichten für "Geo" und arbeitet auch sonst als Journalist auf höchstem Niveau. Er recherchierte für ein Zeit-Dossier mit dem Titel "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" und wählte das Hersbrucker Land als Heimat von Slow City für zwei von acht Etappen. Neben der Stadt selbst interessierte er sich auch für die Initiatoren von Slow City und ob sich in einer Schreinerei ein anderes Gefühl für die Zeit entwickeln kann, als in einem anderen Handwerksbetrieb. Über die Möbelmacher aus Unterkrumbach, schrieb er in seinem Dossier später:
"Aber wer eine McDonald’s-Filiale mit dem Hinweis ablehnt, Fast Food
gehe vielleicht schneller, sei jedoch verlorene Zeit, da Harmonie,
innere Ruhe und seelische Zufriedenheit beim Essen verlustig gingen
(was schließlich einen erheblichen Aufwand an kontemplativem Ausgleich
verlange), der muss geradezu stolz sein auf Bürger wie den
international erfolgreichen Möbelmacher herwig Danzer. Der arbeitet in
der immer hektischer auf Just-in-Time-Produktion sich abrichtenden
Hausbaubranche gezielt mit dem Faktor Entschleunigung.
Für seine Massivholzküchen kauft Danzer ausschließlich Kiefern und
Lärchen von der Forstbetriebsgemeinschaft aus dem heimatlichen Wald
vier Kilometer entfernt. Eingekauft wird nur im Winter, wenn der Frost
das Holz getrocknet hat. Seine Säger brauchen fürs Sägen mindestens
drei Wochen Zeit, seine zinsfressende Lagerhaltung bringt jeden
Steuerberater zur Verzweiflung, weil das Holz so lange Platz belegt,
bis es eben gebraucht wird. Das Ölen, Trocknen und Wiederölen der
Platten mit Naturharz schließlich erfordert viermal so viel Zeit, wie
wenn man es wie üblich spritzte. »Unsere Kunden schätzen den hohen
Aufwand, zahlen mehr und warten länger, fahren dafür aber keine teuren
Autos.« Der Möbelmacher nennt das »Wertverlagerung«. Erst wer Zeit als
solche wahrnimmt, erkennt ihren wahren Wert."
Obwohl Danzer bei den Gesprächen eigentlich die Slow City Historie aufrollen wollte und die Möbelmacher für Küchen nur Harthölzer und weder Kiefer noch Lärche verwenden, kam der Zeitredakteur immer wieder auf das außergewöhnliche Zeitgefühl bei den Möbelmachern, das ihnen selbst eigentlich erst nach der Diskussion deutlich wurde. Das Einkaufen des Holzes im Wald, das Sägen auf dem eigenen Gelände , das Stapeln und jahrelange Warten sind ein Beleg dafür, aber auch die Zeit, die in die gemeinsame Planung von Küchen gesteckt wird. Dazu gehört nicht nur das mehrfache gemeinsame Test-Kochen, sondern auch die vielen Sonderschränke, die bei einzeln angefertigten Massivholzküchen aus Kundenwünschen und individuellen Raumlösungen entstehen.
Am gleichen Abend noch luden die Möbelmacher Christian Schüle für den 17. August 2007 nach Unterkrumbach ein, um dort aus seinem aktuellen Buch "Deutschlandvermessung" zu lesen und gemeinsam mit dem Publikum den Zusammehang mit der Slow City Philosophie zu diskutieren. Die lange Zeit bis dahin, bietet genug Gelegenheiten, die Veranstaltung sorgfältig vorzubereiten. So hat sich bereits Roland Zimmermann vom Bayerischen Rundfunk als Moderator zur Verfügung gestellt, die Buchhandlung Lösch übernimmt die Organisation mit dem Verlag und im Nachhaltigkeitsweblog der Möbelmacher, soll das Buch schon im Vorfeld zu der Auseinandersetzung mit der Zeit anregen.
Der Artikel im Zeitdossier ist nachzulesen im Nachhaltigkeitsweblog der Möbelmacher am 30.Dezember 06 unter www.die-moebelmacher.de/weblog.
Bildunterschrift: Möbelmacher Geschäftsführer Gunther Münzenberg prüft den Feuchtigkeitsgehalt der heimischen Buchen. Erst wenn die Hölzer bei der Außenlagerung die richtige Feuchtigkeit erreicht haben, kommen sie in die Trockenkammer und werden danach zu edlen Möbeln und Küchen aus Unterkrumbach verarbeitet. Foto:Thomas Geiger
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