Beim Technoratiwühlen bin ich auf diesen (möbeltechnisch) schmeichelhaften und (hompagedesignbetreffenden) vernichtenden Beitrag vom Oktober 2005 gestoßen.
Dieses mittelständische Unternehmen aus meiner Zweitheimat
Mittelfranken hat fast alles: ein klares Profil, Kooperationen, sehr
gute Ideen, gute Öffentlichkeitsarbeit, lebendige Sprache, und macht
inhaltlich vieles richtig richtig. Gespart wurde aber an Gedanken oder
Geld für den geeigneten optischen Auftritt, der für die wirklich gut
durchgestalteten, skandinavisch und freundlich wirkenden Möbel in
meinen Augen zu bieder ist. Finsteres unnachhaltiges (!) tropisches
Mahagoni-Rot passt inhaltlich nicht zu den hellen einheimischen und
nachhaltigen Hölzern; Fotos mit fürchterlichem weichem Rand, warum;
gelbe Schrift, zweimal "Start" in mieselgrau; auf den ersten Blick hält
man das für ein Gastronomieangebot der Sorte "Busse herzlich
willkommen".
Natürlich hat sie recht. Problem (schon vor sehr langer Zeit) erkannt und Besserung gelobt, gottseidank aber noch sooo lange gewartet, bis eine langfristig wirkende Lösung im Blick war. Im Moment stellen wir unsere homepage auf Typo3 um und wir wären schon viel weiter, wenn das Bloggen nicht wäre … .
Mit Vroni würde ich gerne mal durch deutsche Werbeagenturen tingeln (nicht die Nobelschuppen, die normalen) und deren Einrichtung gemeinsam beurteilen. Und wenn die Werber dann sagen, was zählt ist ihre Arbeit und nicht ob der Tisch aus Holz oder Plastik ist, dann werde auch ich mich rausreden, dass der Inhalt unserer Website zählt und nicht die Verpackung. Aber Schnee von gestern, die neue Seite kommt bestimmt und das Weblog wird integriert und dank Vronis Beitrag kann ich jetzt wieder besser begründen, warum bei uns nachts das Licht so lange an ist.
Solche Geschichten und Gesichter vom übersparsamen oder
fehlorientierten Mittelstand, dem vernünftiges Internet-Design oder
Corporate-Design an sich augenscheinlich wurscht ist, gibt es viele, da
kann ich mir den Wolf bloggen ;-), weiß schon.
Auf diesen Objekt-Sonderseiten zeigen wir, wie tolle Büros und Läden aussehen können, für viele andere können wir uns den Wolf bloggen …
lesenswerter Agenturblog von Vroni
(Der Cartoon ist übrigens von Dr. Jürgen Burgmayr und zeigt die Fertigstellung unseres Jahrbuchs , das wir in diesem Jahr zum 10 mal rausgebracht haben)
Heyho Möbelmachers,
;-)))
was wär‘, wenn’s technorati nicht gäbe 😉
Nun, „normale“ deutsche Werbeagenturen haben einen Besprechungs-und Präsentationsraum so mit Stühlen und Tischen, die eigentlich recht designig aussehen, damit keiner am Boden kauern muss (obwohl: bei Springer & Jacobi wird in den Meetings stramm gestanden…, die sparen Möbel…?). Nette Bilder an der Wand, Design-Espressomaschine. Und dann haben sie „hinten“ für die Grafiker die normalen Büroräume mit grauen Tischen, mehr zweckorientiert. Oft aber auch hier: hohe Wände, Parkett, große Fenster, das eine oder andere nette Oma-Sofa zum Chillen, oft Retro-Look. So kenn ich das, urbaner Shabby-Look. Das bunteste sind oft nur die Macs, und das hat seinen Sinn: wer Wildes und Designiges erhirnt, braucht dazu eine optisch ruhige und farblose, auch unperfekte Umgebung. Layouts und Probeausgedrucktes ist am besten zu beurteilen auf neutralen Tischen und Wänden, daher schauen Gestalter-Werkstätten nicht besonders designig aus, sondern schlicht. Es hat schon seinen Sinn. Theken und Kundenräume müssen aber schon dezent prunken, denn der Kunde muss einen vernünftigen Eindruck kriegen. Er weiß ja nicht, dass sein Gestalter in seinem Berufsleben bereits dermaßen design-reizüberflutet ist, dass dieser sich innigst Deprivation wünscht oder nur Orangenkisten, Flokati und Fototapete, oder nur weiße Wände. So weit kann das gehen.
So sieht das aus auch in kleinen Werbeagenturen von 3-10 Mann/Weib-Besatzung. Auch kenne ich aus meinen Nürnberger Zeiten einen gelernten Tischler (vorher promovierter Orientalist, fließend Arabisch), der einer Werbeagentur (W.M.S.) glaube ich, eine wundervoll geschwungene Theke aus Massivholz gemacht hat.
Denn der Werber oder der Gestalter ist ja kein Schreiner oder Tischler nicht, sonst wär er einer geworden und kein Pixelschubser, und da er das nur zu genau weiß (blutige Pfoten, schiefe Verleimungen), lässt er machen. Was er nie tut, selber Säge und Hobel in die Hand nehmen und einen Präsentationsraum schnitzen 😉
Der Vergleich hat also ein dezentes Humpelbein: Eine Website i-s-t definitiv ein Präsentationsraum, kein Warenlager, das „Produkt“ muss so vorteilhaft wie möglich dargestellt werden. Eine Möbel-Website ist nicht: Lager oder die graue Werkstatt. Es ist ein Irrglaube, zu meinen, ein gutes Produkt spräche für sich. Nein, gerade ein gutes Produkt braucht auch formale, optische Fürsprecher, sonst geht es in der Kakophonie der Reizüberfluting im Internet unter. Ein Fürsprecher ist gutes Umgebungsdesign. Der User, der bei euch draufklickt, war ja vorher auch woanders und reibt sich bereits die wunden Augen. Das heißt, er muss emotional geführt und sachlich unterstützt werden, bei dem was er sucht. Damit er die Klarheit und Schönheit der Linien und der Maserung dieser Möbel überhaupt erstmal erkennt.
Ein guter Möbelmacher muss daher nicht zwangsläufig seinen virtuellen Präsentationsraum selber schnitzen, das gibt blutige Pixel 😉 und kostet zuviel Zeit -und damit Geld – und Nerven. Die Technik beherrschen ist dann erst die eine Sache, damit hat man aber noch nicht sinnvoll gestaltet. Gestalten kommt noch dazu und ist mehr als nur Print auf die Mattschiebe zu übertragen.
Meinereiner geht sogar so weit – stelle meine Haupt-Website ebenfalls grade auf CMS-basiert um – dass er als Gestalter das Programmieren dem Programmierer überlässt. Ich könnt mich jetzt ebenfalls in Typo3 reinpfriemeln, nur geht mir diese Zeit bitterbös von der Zeit ab, in der ich eigene Wertschöpfung, und Wertschöpfung/Ideen für Kunden betreibe. Und nicht nur das, es dauert etwas länger, als das bei einem Profi dauern würde, der nur solches macht. Daher gebe ich das einem Profi in die Hand – wie vorher auch schon die Flashseite, obwohl ich Filmchen flashen kann und schon irgendwas hingekriegt hätte.
Die Schusterin Vroni bleibt also bei ihren Leisten. Was wunderschönste Möbel betrifft und auch was das Programmieren betrifft (auch wenn die Pfötchen jucken). Mein Ex-Cheffe sagte immer: „Man muss als Planer das nicht alles selber können, aber wissen, was damit möglich ist. Und dann delegieren.“
Hab jetzt grad das Einkaufen an meinen Mann delegiert, der kann das besser 😉 Das kostet mich wahrscheinlich heut abend: Kochen.
Das kann wiederum ich besser – was er neidlos anerkennt, obwohl er nicht ganz unbegabt ist und Gerichte erfindet. So ist Arbeitsteilung in der kleinen Agentur am Rande der Stadt 😉
Herzliche Grüße aus München
Exilfränkin Vroni
mit Mann und Texter Wolf und Betriebskatze Moritz
mag sein, dass „der Vergleich ein Humpelbein hat“, ich fand ihn Klasse und habe lauthals losgelacht.
Na ist ja auch nicht so wichtig, Vroni hat ja ohne Zweifel recht und wir arbeiten an einem neuen Auftritt (werden blos immer wieder vom Weblog aufgehalten). Trotzdem gibt es viele Büros, die so furchtbar aussehen wie unsere aktuelle homepage und die Besitzer erklären uns begeistert warum eine weiße Spanplatte für den Kopf des Kreativen wichtig ist. Da haben wir doch viel lieber ein Brett aus der Hersbrucker Alb vor den Ko-, äh Bauch.