Zuallererst gratulieren wir unserer Auszubildenden Sophia Bernutz ganz herzlich zum Schulzeugnis mit dem Notendurchschnitt von 1,0 (und zur Auszeichnung als Innungszweitbeste), aber auch ihrem Kollegen Ben Feadan Tarifa
Reischle von der Schreinerei Knodt mit dem gleichen Schnitt, wofür sie beide den bayerischen Staatspreis erhalten werden. Wir gratulieren auch allen anderen frischgebackenen Gesellen und den Preisträgern, die im Artikel der Hersbrucker Zeitung von Ute Scharrer weiter unten ausführlich beschrieben werden.
Die erste Kampfabstimmung der Jury
Im Jahr 2001 übernahm ich die Zusammenstellung der Jury (immer ohne selbst Mitglied zu sein!), aber erst 2014 habe ich die erste Kampfabstimmung miterlebt, die danach ehrenhaft von allen Jurymitgliedern gemeinsam vertreten wurde. Die 5 Jurymitglieder (vorgestellt im Artikel unten) stimmten mit drei zu zwei Stimmen für den ersten Preis, den die zwei Gegenstimmen lieber als ersten, statt als zweiten Preis gesehen hätten. Die Sitzung mit dem ganz neuen Mitglied Walter Reidinger (Architket bei Atelier 13) dauerte sehr lange und vier von 5 Mitgliedern standen den Auszubildenden nach der feierlichen Veranstaltung der Freisprechung und der Preisverkündung der guten Form Rede und Antwort.
Elterliche Kritik an Jury
Die übernahm wieder Professor Ingo Klöcker, den der letztjährige Vorwurf eines Prüfungsvaters wohl viel beschäftigte, auf jeden Fall tauchte es in seiner über 30-minütigen Rede ausgesprochen häufig auf. Dieser Vater warf der Jury – und natürlich besonders dem, der die gemeinsame Entscheidung der Jury verkündet – Arroganz vor, weil die Einzelanfertigung von Möbeln nicht den Maximen des Designs von Massenware folgen müsse. Ist im Prinzip ja nicht völlig falsch – auch unsere Sophia hat sich bewusst für Ihr ganz persönliches und ungwöhnliches Möbel entschieden – trotzdem ist der von der Innung ausgeschriebene Designwettbewerb "Die gute Form" an gutem Design nach ganz bestimmten Vorgaben und Regeln gebunden, die die Jury bei der Begutachtung der Gesellenstücke berücksichtigen muss. Und die vor allem auch als gutes Design gelehrt und argumentiert werden sollen. Es geht dabei eben nicht um Geschmack oder "Gefällt mir – Gefällt mir nicht" sondern um objektive Kriterien, die hier zum Download zur Verfügung stehen: GuteFormKriterien herunterladen.
Unsere Jury, die sich in den letzten 10 Jahren in Bayern einen hervorragenden Namen erarbeitet hat und um die wir von vielen Innungen beneidet werden, hat mit ihrer Zusammensetzung von Stadtbaumeister, Grafik-Designerin und Künstlerin, Schreinermeister und Berufsschullehrer, Architekt und Hochschullehrer für Produktdesign wieder viel Zeit investiert, wofür wir uns im Namen der Innung ganz herzlich bedanken.
Alle unsere Fotos der Veranstaltung sind hier zu finden.
Hier sind alle Preise, die die Möbelmacher seit 1991 gewonnen haben.
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So schön wie ein Gemälde
(von Ute Scharrer)
Freisprechung junger Schreiner: Gesellenstücke ausgezeichnet HERSBRUCK (us) – „Zuschauen, Zuhören, Nachmachen, Durchdenken“. Von diesen Eckpfeilern der Ausbildungszeit wurden 9 junge Schreiner und eine Schreinerin durch ihre Freisprechung entbunden. Als Leitlinien für lebenslanges Lernen empfahl sie Tobias Watzek von der Berufsschule Lauf trotzdemund diverse Festredner packten noch weitere Lebensweisheiten auf die herzlichen Glückwünsche drauf.
11 Prüflinge sind dieses Jahr zur Gesellenprüfung angetreten, wie Lehrlingswart Martin Wölfel aufzählte. Einer muss wegen einer Verletzung nachgeprüft werden, die anderen 10 haben bestanden, teilweise sogar mit Bravour wie Sophia Bernutz von den Möbelmachern in Unterkrumbach und Ben Feadan Tarifa Reischle von der Schreinerei Knodt in Hersbruck. Beide können sich über eine Einskommanull im Schulzeugnis und eine Eins vor dem Komma des Notenschnitts freuen. Doch wie stets bei den Schreinern wurden nicht nur Zeugnisse über relativ abstrakte Leistungen ausgehändigt, sondern die „Jung-Gesellen“ hatten auch Greifbares geschaffen. Die ansprechende Ausstellung von Möbelstücken in der Schalterhalle der Sparkasse Hersbruck verleitete MdL Norbert Dünkel zum Scherzen: „Neue Tische, neue Schränke und sogar ein neues Bett – kein Wunder, dass die Sparkasse immer wieder gerne den Gastgeber macht!“ Geschäftsstellenleiter Michael Albert und Albert Pickel, Bevollmächtigter der Sparkasse Nürnberg, hießen die Absolventen als Hausherren willkommen. Die von Norbert Dünkel angesprochenen Tische, Schränke und das Bett waren die Gesellenstücke, das bedeutet, dass die Azubis sie selbst entworfen und im Ausbildungsbetrieb gefertigt haben. Sechs von diesen Arbeiten stellten sich der Auswahl zur Verleihung des Preises für die „Gute Form“, der unter den Mitgliedsbetrieben der Schreinerinnung ausgelobt und durch eine unabhängige Jury bewertet wird. Die Jurymitglieder Angelika Eisenbrand- Leykauf (Diplom-Designerin), Lothar Grimm (Stadtbaumeister von Hersbruck, Walter Reidinger (Architekt bei Atelier 13), Gerd Wagner (Schreinermeister und Berufsschullehrer) und Professor Dr. Ingo Klöcker (Hochschullehrer, Produktdesigner und Künstler) hatten in ausgiebigen Diskussionen die drei am überzeugendsten gestalteten Möbelstücke ausgewählt und zwar, wie Professor Klöcker in seiner Laudatio betonte, nach absolut zeitlosen Designkriterien und nicht nach den Wellenbewegungen persönlichen Geschmacks.
Die aufgezählten Kriterien konnte Ingo Klöcker sofort an den Arbeiten der Preisträger erläutern. Thomas Penkwitz von der Schreinerei Oppel in Lauf-Schönberg erhielt eine Belobigung für seinen teilweise freischwebenden Schreibtisch, den er sowohl optisch durch eine schräge Schubladenfront als auch statisch durch eine Stahlplatte am Boden ausbalanciert hatte. Carsten Scharrer von der Firma Lämmermann in Hersbruck-Großviehberg hatte sich mit einem konsequent in einer Holzart und –farbe gehaltenen Schreibtisch ohne überflüssiges Schnickschnack für den zweiten Preis qualifiziert. Als Siegerarbeit setzte sich ein Sideboard von Simon Fronczek aus der Schreinerei Wölfel aus Lauf- Neunhof durch. Er konnte die Jury mit einem Design überzeugen, das die Grenze zur Kunst berührte. Seine raffiniert verschachtelte Möbelfront könne auch als Bild an der Wand hängen, erläuterte Ingo Klöcker die Jury-Entscheidung.
Thomas Pirner, Vizepräsident der Handwerkskammer Mittelfranken bereitete die frisch gebackenen Gesellen auf die Notwendigkeit vor, Kundenwünsche genau zu ermitteln und beim „grundsätzlich schwierigeren fränkischen Kunden auch einmal zu erahnen. Obermeister Oppel apellierte an junge Leute sich zum Schreiner ausbilden zu lassen. Studiendirektor Stephan Czwalina von der Berufsschule 11 in Nürnberg schlug poetische Töne an: mithilfe eines Gedichts von Herrmann Hesse bat er die jungen Leute, das Feuer, das jetzt noch in ihnen lodere, nicht ausgehen zu lassen. Fortbildungen, Aufbrüche, ungewöhnliche Pfade seien der Weg dorthin. Mit der Freisprechung der Lehrlinge, Übergabe der Zeugnisse und einiger Präsente durch Landrat Armin Kroder und anderer Sponsoren endete der offizielle Teil des Abends. Danach wurde der Küchenspezialist Helmut Neugebauer noch mit Ehrennadel und Urkunde für die 25-jährige Mitarbeit bei den Möbelmachern geehrt und das Buffet eröffnet.
Die Ausstellung in der Schalterhalle der Sparkasse Hersbruck ist ab jetzt für zwei Wochen zu sehen.
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